Dienstag, 10. Februar 2015

Clean India - Modi und der Müll

Indien, was fällt den meisten Menschen zu diesem Land ein? Nach bunten Traditionen und Gewürzen kommen doch meist schnell Konnotationen wie Müll und unangenehme Gerüche auf den Straßen.
Als wir vor 6 Monaten in Indien ankamen war es tatsächlich erschreckend wie viel Müll wir am Straßenrand sahen und dass die oft tropische, idyllische Stimmung auf dem Land durch vermüllte Flussufer und entsprechende Gerüche getrübt wurde. Man kann nicht leugnen, dass dieses Problem das Leben vieler Menschen beeinflusst und die daraus folgenden Hygienebedingungen die Gesundheit gefährden.
Modi bei einer seiner ersten "Clean India" - Aktionen
(the Hindu, Ausgabe vom 02.10.14)

Das Bewusstsein für die Problematik ist in der Regierung eindeutig vorhanden, schon häufig wurden in der Vergangenheit Kampagnen gestartet für ein „sauberes Indien“. 
Nicht zuletzt ließ Modi -Premierminister seit 2014 - die Idee wieder neu aufleben und startete im Oktober 2014 mit vollem Einsatz und sehr viel Prestige die Kampagne „Swachh Bharat“, auch bekannt als „Clean India“. Dabei zeigt sich Modi gerne als Nachfolger Gandhis, auf dessen Erfolge er sich immer wieder in seinen Reden bezieht: “Mahatma Gandhi never compromised on cleanliness. He gave us freedom. We should give him a Clean India”.  
Somit wurde der Kampagne als Ziel gesetzt ganz Indien bis zu Gandhis 150ten Geburtstag im Jahr 2019 zu säubern und ein Umweltbewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, sodass Gandhis Traum eines schönen, ehrbaren Indiens erfüllt wird.
Wenn sich die indische Gesellschaft dies als gemeinsames Ziel setzt, kann sie laut Modi von „Clean India“ genauso profitieren, wie von Gandhis „Quit India“ ("The way we derived pleasure from Quit India, we will derive the same pleasure from Clean India.", Modi)




Wenn ein Problem offen sichtbar besteht und dauerhaft nicht gelöst wird, lernt man schnell, damit zu leben und hört auf, über eine Lösung nachzudenken. Das Gleiche ist in Indien mit dem Müll passiert, der überall anwesend ist und somit scheinbar so selbstverständlich zum Straßenbild dazugehört wie Kühe und Rikschas. Mit diesem Problem steht Indien ja nicht alleine da. Auf der ganzen Welt wird jeden Tag zu viel Müll produziert, als das man ihn recyclen könnte und kein Land hat ein Entsorgungssystem, welches die Umwelt komplett entlastet oder in dem jedes Material wiederverwendet wird. Doch zumindest ist meistens ein gesellschaftliches Bewusstsein da. Mit dem Bewusstsein fängt vieles an und so ist es auch eines der Hauptziele von CLEAN INDIA, den Menschen bewusst zu machen, dass Müll ein reales, langfristiges Problem für Klima und Umwelt ist und kein normaler Lebensumstand.
Um auf das Thema aufmerksam zu machen und die Menschen zu erreichen, nutzt Modi unter anderem die Beliebtheit und den Vorbildcharakter Bollywoods und seiner Stars. Zu Beginn wählte er neun prominente indische CLEAN INDIA Botschafter aus, die wiederum 9 weitere Personen auswählen und so weiter. Diese Schauspieler gehen in Dörfer, säubern dort die Straßen und klären auf über Umweltschutz und Müllentsorgung. Diese Aktion soll der Kampange den nötigen Glamour und die Ausstrahlung von Wichtigkeit geben, die bei der Bevölkerung ankommt.
Doch der Müll eines ganzen Landes lässt sich nicht von ein paar Promis beseitigen. So werden die Schulen zum Beispiel dazu angeregt, “CLEAN Schools” zu werden und zum Beispiel Recycling Projekte mit den Schülern durchzuführen. Doch das entsprechende Bewusstsein fehlt oft nicht nur im Thema Müll, sondern auch wenn es um Hygiene geht. Dass es in Indien mehr Handys als Toiletten gibt, ist ein Zeichen dafür. Um die hygienischen Bedingungen vor allem in ländlichen Regionen zu verbessern, soll jeder Mensch in Indien bis 2019  Zugang zu einer Toilette haben. Daher sollen flächendeckend im ganzen Land dort Toiletten und entsprechende Hygieneausstattungen installiert werden, wo noch keine passenden Vorrichtungen vorhanden sind.
Doch auch hier ist es bei einem so bevölkerungsreichen Land wie Indien wichtig, dass die Bevölkerung mithilft. Bewusstsein ist also das Schlüsselwort der von Modi ausgerufenen CLEAN INDIA Kampagne, denn ohne das entsprechende Engagement der Bevölkerung wird Indien weder grüner noch sauberer. Dort hängt sich die Regierung rein, durch Spendenläufe, Benefizveranstaltungen und Thementage. 

Das Bewusstsein kommt natürlich langsam, aber sicher auch hier irgendwann bei den meisten Menschen an. Auch unsere NGO REAL engagiert sich mit bewusstseinsschaffenden Aktionen wie einem  „Sanitation Awareness Day“, Trainings oder der Unterstützung beim Toilettenbau. Im Alltag scheint die Kampagne uns gegenüber jedoch oft eher belächelt zu werden; wenn wir die Plastikpackung nicht aus dem Autofenster werfen wollen, können wir meist mit einem liebevoll gemeinten spöttischen Witz rechnen. Dennoch ist das Thema immer präsenter, vor allem in Pondicherry sehen wir immer mehr Mülleimer und jeden Morgen hören wir auf dem Dorf die Werbung im Radio. Das Thema wird den Menschen fast in den Mund gelegt ... und ins Ohr gesetzt. Die Kampagne läuft erst seit ein paar Monaten und gewinnt an Aufmerksamkeit, kann da nicht nur das Bewusstsein folgen?
                                                        

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