Dienstag, 9. Dezember 2014

Die zweite Adventskerze: Die Legende vom Milchozean



 Götter und Dämonen stritten ständig miteinander und viele von ihnen kamen in
den Kämpfen um. So baten sie Vishnu um Rat und dieser schlug den Göttern
ein Bündnis mit den Dämonen vor, um Amrita, das Getränk der Unsterblichkeit,
zu erlangen. Um den Berg Mandara (in anderen Versionen Meru genannt)
wanden sie als Seil die Schlange Vasuki und machten ihn so zum Quirl. Mit
dem Einverständnis von Ozean und Vasuki konnte das Rühren beginnen. Die
Götter zogen am Schwanz, die Dämonen am Kopf. Lange zeichnete sich kein
Erfolg ab, der Berg drohte sogar im Ozean zu versinken. Da nahm Vishnu die
Form einer riesigen Schildkröte an, kroch unter den Berg um ihn auf dem
Rücken langsam aus dem Wasser zu heben und zu stützen.
Mit dem Quirl aus Berg und Schlange rührten die Verbündeten das Wasser
weiter, bis dieses schließlich so weiß wie Milch wurde. Plötzlich drohte ein
schreckliches, aus dem Wasser aufsteigendes Gift alle zu vernichten. Doch
Shiva eilte zu Hilfe, er trank das Gift Halahala bis zum letzten Tropfen aus.
Seitdem ist sein Hals „nil“, d.h. blau, und darum nennt man ihn auch
„Nilakanta“, „der mit dem blauen Hals“. Das Quirlen konnte weitergehen und
nacheinander erschienen aus dem milchigweißen Ozean verschiedene
Kostbarkeiten.
Zuerst kam Chandra, der Mond, zum Vorschein, der jetzt die Stirn Shivas
schmückt. Uchchaishrava, das weiße Pferd, erhielt der Dämonenkönig, musste
es jedoch bald an Indra abtreten. Das Juwel Kaushtuba trägt nun Vishnu und
die Wunschkuh Kamadhenu wurde Eigentum der Rishis. Kalpavrksha, den
Wunschbaum, pflanzte Indra in seinen Garten. Sogar die Göttin Lakshmi stieg
strahlend schön auf einer Lotus-Blüte aus dem Ozean. Ihr Erscheinen löste
Begeisterung unter allen Anwesenden aus, und die vier Himmelselefanten gossen segnend aus goldenen Krügen Wasser über sie. Lakshmi selbst wählte
Vishnu zu ihrem Gatten. Wieder ging das Quirlen weiter. Dann erschien
Varuni, die Göttin des Weines, welche die Dämonen für sich behielten.
Schließlich tauchte aus dem Wasser die Gestalt eines dunklen, jungen Mannes
auf, reich geschmückt mit Juwelen und mit einer Blütenkette um den Hals. Es
war Dhanvantari, der Arzt der Götter und Ursprung jeder Heilkunst. In seiner
Hand hielt er wonach sich alle sehnten, einen großen Krug mit Amrita, dem
Getränk der Unsterblichkeit. Hatten Götter und Dämonen bis jetzt zusammengearbeitet,
begann nun wieder Streit. Trotz der Vereinbarung, alles zu teilen,
wollten die Dämonen das kostbare Getränk gierig an sich reißen. Da kam
Vishnu herbei, jedoch diesmal in Gestalt einer begehrendswerten jungen Frau,
Mohini. Freundlich lächelnd erbot sich die Schöne, Amrita an alle zu verteilen.
Durch einen Trick jedoch verabreichte sie nur den Göttern das Elixier, die in
ihrer Verliebtheit unaufmerksamen Dämonen dagegen gingen leer aus. Nur
einer von ihnen, Rahu, hatte sich misstrauisch unter die Götter gemischt, um
auch einen Tropfen zu erhalten. Doch Sonne und Mond verrieten ihn und
Vishnu/Mohini schlug mit der Wurfscheibe blitzschnell Rahus Kopf ab, noch
bevor das Amrita, das er gerade geschluckt hatte, den Körper erreichen konnte.
Nur sein Kopf wurde damit unsterblich, der Körper fiel leblos zur Erde.
Seither will Rahu sich an Sonne und Mond rächen, indem er immer wieder
versucht, sie zu verschlucken. Auf der Erde lässt sich das als Sonnen- oder
Mondfinsternis beobachten. Die durch das Amrita gestärkten Götter aber
erhielten ihren Platz im Himmel zurück.

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